127 Rentenversicherung freiwillig und Rentenversicherungspflicht für Selbständige

Der familienleichte Podcast: 127 - Rechtsanwältin Sabine Gewehr

Hast du dich als Unternehmer:in bereits mit deiner Rentenversicherung und mit der Rentenversicherungspflicht für Selbständige beschäftigt? Rechtsanwältin Sabine Gewehr bringt in dieser Podcast-Folge des Familienleicht Podcast Licht ins Dunkel, was dieses Thema anbelangt.

Links zur Folge:

Website von Rechtsanwältin Sabine Gewehr

Kurs von Rechtsanwältin Sabine Gewehr (Rentenversicherungspflicht für Selbständige)

Blogbeitrag

Rentenversicherung freiwillig und Rentenversicherungspflicht für Selbständige mit Rechtsanwältin Sabine Gewehr

Seit 2008 beschäftigt sich Frau Gewehr mit der Rentenversicherungspflicht für Selbständige, insbesondere für die Gruppe von Coaches, Trainer:innen und Berater:innen. Es macht ihr Spaß, Menschen dabei zu helfen, nicht ungewollt rentenversicherungspflichtig zu werden. Denn die meisten Selbständigen denken, dass sie nichts mit der Rentenversicherung zu tun haben. Doch das ist leider manchmal nicht richtig.

Rentenversicherungspflicht? Wie kann das als Selbständige:r sein?

Der Gesetzgeber und die ausführende Behörde, die Deutsche Rentenversicherung, meinen es generell gut mit Selbständigen. Sie möchten, dass die Menschen im Alter eine Vorsorge haben. Doch nicht jeder möchte diesen Schutz haben und viele brauchen ihn auch nicht, da sie anderweitig vorgesorgt haben.

Es ist aber so, dass jede:r Selbständige – unabhängig von der Art der Tätigkeit – rentenversicherungspflichtig ist, der keinen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter beschäftigt und der mehr als ⅚ seines Gewinns von einem großen Auftraggeber bekommt. 

Hat man zum Beispiel zwei große Kunden, die Aufträge bringen, sollte man zusehen, dass es sich so verteilt, sodass nicht ein Auftraggeber mehr als 86 % des Umsatzes beisteuert und sich nicht nur aus einem Auftragsverhältnis ein hoher Gewinn ergibt.

Katalog rentenversicherungspflichtiger Berufe

Spannend ist außerdem, dass es einen Katalog mit gelisteten Berufen gibt. Wer einen dieser Berufe ausübt und keinen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter hat, ist ebenfalls rentenversicherungspflichtig. 

Ziemlich am Anfang dieses Katalogs steht der Lehrer. Ein Berater ist nicht darin enthalten. Sprich, jemand, der beratend tätig ist, ist nicht rentenversicherungspflichtig. Wie unterscheidet man das? Das lässt sich relativ einfach erklären: 

Ein Lehrer vermittelt abstrakt Wissen, unabhängig davon, ob es verstanden wird oder nicht. Ein Berater wird gebucht, um ein Problem zu lösen und bleibt so lange, bis es tatsächlich gelöst ist. Sicher wird er in diesem Auftrag auch Wissen vermitteln, jedoch nur darauf bezogen und nicht allgemein wie der Lehrer. Es ist wichtig, sich dahingehend abzugrenzen, da ein Lehrer rentenversicherungspflichtig ist und ein Berater nicht. 

Frau Gewehrs Tipp lautet, einen Mitarbeiter zu beschäftigen, der mehr als 450 € verdient (mehr als die Minijob-Grenze). Das lohnt sich jedoch nur, wenn man diese Mithilfe auch wirklich braucht. Einen Mitarbeiter nur einzustellen, um keine Rentenversicherungsbeiträge zu bezahlen, ist letztlich unwirtschaftlich, da der Mitarbeiter teurer ist als der Regelbeitrag bei der Deutschen Rentenversicherung. 

Ist ein:e Coach rentenversicherungspflichtig?

Menschen, die als Coach arbeiten, sehen sich in der Regel nicht als Lehrer. Ein:e Coach wird gebucht, um ein Problem zu lösen, auch, wenn sich der/die Coach vielleicht nicht als Problemlöser sieht. Insofern kann man sagen, dass ein:e Coach auch ein:e Berater:in ist. Im Jahr 2015 hat das Bundessozialgericht als letzte Gerichtsinstanz das Urteil gefällt, dass ein:e Ernährungsberater:in eindeutig zu der Berufsgruppe der Berater gehört. 

Es ist bei einem/einer Ernährungsberater:in klar, dass die Leute ihn/sie nicht aufsuchen, um zu lernen, wie man Kalorien zählt, sondern, weil sie allein nicht in die Umsetzung kommen. Genau dieser Umsetzungsschritt hat dazu geführt, dass Ernährungsberatung vom Bundessozialgericht als eine beratende, problemlösende Tätigkeit anerkannt wurde.

Durch dieses Urteil hat sich seitdem viel getan. Vor dem Jahr 2015 hat die Deutsche Rentenversicherung alle zu Lehrern gemacht, die im entferntesten Sinne Wissen vermittelt haben und hat dies auch nicht überprüft. Briefe wurden nicht gelesen. Heute lesen sie Briefe und wenn man darin genau erklärt, wie man mit seinen Kund:innen arbeitet, kommen richtige Entschlüsse dabei heraus. 

Fallen Online- und Gruppencoachings unter die Rentenversicherungspflicht?

Laufen wir beim Abhalten von Online- und Gruppencoachings also in die Gefahr des Lehrens und fallen somit in die Rentenversicherungspflicht? Dazu enthält das Urteil des Bundessozialgerichts aus 2015 keine Aussage und es ist nach wie vor noch eine Grauzone. 

Es ist davon auszugehen, dass alles, was mit Gruppen zu tun hat, tendenziell eher lehrend ist, da sich ein Berater eher Einzelpersonen oder Kleinstgruppen zuwendet. Es wurde allerdings nicht definiert, welche Anzahl an Personen unter eine Kleinstgruppe fällt, was Argumentationsspielraum lässt.

Ausschlaggebend ist immer, wie man mit seinen Klienten arbeitet. Dabei ist es egal, ob man es Workshop, Seminar oder Onlinekurs nennt. Es kommt auf die konkrete Tätigkeit an, die im Zweifel der Behörde auch erklärt werden muss. Die Benennung und Bezeichnung der eigenen Berufsausübung will also gut überlegt sein.

Kann eine Rentenversicherungspflicht erstrebenswert sein?

Frau Gewehr berät dahingehend umfassend. Denn eine Pflichtversicherung als Selbständige:r bringt die gleichen Vorteile wie eine Pflichtversicherung im Angestelltenverhältnis: Man hat den Anspruch auf eine Altersrente, eine Erwerbsminderungsrente (falls man den Beruf einmal nicht mehr ausüben kann) sowie Reha-Maßnahmen. Das sei nicht zu verachten. Gerade, wenn man schon viele Jahre eingezahlt hat, kann es sinnvoll sein, diesen Topf weiter zu befüllen. 

Freiwillige Beiträge in die Deutsche Rentenversicherung

Außerdem gibt es die Möglichkeit, freiwillige Beiträge zu bezahlen, die die Altersrente und Reha-Maßnahmen umfassen. Zahlt man fünf Jahre lang keine Beiträge in die Rentenversicherung ein, so entfällt der Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.

Das Schöne an den freiwilligen Beiträgen ist, dass der Beginn und das Ende des Zahlens der Beiträge selbst bestimmt werden kann. Jedoch darf die freiwilligen Beiträge nur zahlen, wer nicht pflichtversichert ist. Also überprüft die Behörde vorher, ob eine Pflichtversicherung vorliegt. Erst, wenn das geklärt ist, darf jemand freiwillige Beiträge bezahlen.

Hier sollte man sich also bewusst sein, dass eine Prüfung stattfindet und diese dazu führen kann, Beiträge von der Vergangenheit nachzuzahlen. Es gilt also darauf zu achten, keinen Prozess anzustoßen, den man im Hintergrund nicht beherrscht, um keine exorbitant hohe Summe vergangener Jahre nachträglich zu bezahlen. 

In diesem Zuge rät Frau Gewehr davon ab, unbedarft einen Beratungstermin bei der Deutschen Rentenversicherung zu vereinbaren, um nicht ungewollt in einem Prüfungsverfahren zu landen. Man sollte sich vorher mit dem Thema befasst haben, um keine unglücklichen Überraschungen bei einer Beratung der Behörde zu erleben. Frau Gewehrs Beratungen sind dagegen unabhängig von der Behörde

3 Arten von Rentenversicherungsbeiträgen

Gründer dürfen in den ersten drei Jahren den pauschalen Regelbeitrag bezahlen. 

Wer länger als drei Jahre selbständig ist, muss den Regelbeitrag bezahlen, der sich durch Anwendung des Prozentsatzes auf die Bezugsgröße berechnet. Die Bezugsgröße ist eine Art fiktiver Gewinn, von dem der Gesetzgeber ausgeht, dass jede:r Selbständige:r diesen hat. Dieser steigt jedes Jahr ein wenig. In diesem Jahr 2021 ist die Bezugsgröße 39.400 € Jahresgewinn. Bei einem Beitragssatz von 18,6 % ergibt das einen Regelbeitrag von 611,94 € pro Monat. 

Liegt man unter einem Jahresgewinn von 39.400 €, gibt es noch die Möglichkeit, die Beiträge einkommensabhängig zu bezahlen. D. h. man weißt den Gewinn vor, indem man einen Steuerbescheid vorlegt und zahlt die Beiträge dann nur abhängig von dem Gewinn, den man tatsächlich erwirtschaftet hat. 

Das Gute an der Bezugsgröße ist, dass jede:r Selbständige:r, der über der Summe von 39.400 € Jahresgewinn liegt, auch nur den Regelbeitrag bezahlt. Das ist eine viel geringere Grenze als die Beiträge, die man als Angestellte:r leistet, denn bei Angestellten ist die Beitragsbemessungsgrenze viel höher.

Es kann sich bei der einkommensabhängigen Beitragszahlung somit auch ins Negative verkehren, wenn man einen Gewinn hat, der über der Bezugsgröße liegt. Dies will also ebenfalls mit Bedacht entschieden werden. Ein Wechsel zwischen der Art der Beiträge ist jedoch möglich und das System ist abgestimmt auf den Einzelfall. 

Rentenversicherungspflicht für Eltern 

Als selbständige Eltern sollte man sich die Frage stellen, ob man sich bei der Rentenversicherung melden möchte, um klarzustellen, wo man steht, oder ob man die Chance offen lassen will, dass man gegebenenfalls von der Rentenversicherung gefunden wird und Beiträge nachzahlen muss.

Eltern haben dabei ein spezielles Risiko. Geht es um Elternzeit, wird von der Rentenversicherung in einem Formular abgefragt, welches Elternteil diese auf dem Versichertenkonto gutgeschrieben bekommen soll und ob man während der Kindererziehung selbständig ist bzw. war. Die Beantwortung dieser Frage sollte mit einer gewissen Vorsicht erfolgen, da es eine Prüfung zur Rentenversicherungspflicht nach sich ziehen kann. 

Frau Gewehr rät, beim Thema Rentenversicherungspflicht für Selbständige nicht unbedacht, sondern gut vorbereitet zu sein. So hat man Vertrauensschutz sowie Gewissheit und bekommt keine unvorbereiteten Überraschungen. Bei Fragen darfst du dich gern telefonisch oder per E-Mail an Frau Gewehr wenden. 

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