Warum Kinder lügen und was das für Dich bedeutet

Früher oder später ist es meistens soweit – das Kind erzählt oder behauptet etwas, das aus unserer Sicht nicht die Wahrheit sein kann. Solange es sich um fantastische Geschichten handelt, finden wir das auch meistens noch ganz nett oder niedlich, es wird belächelt und als „blühende Phantasie“ bezeichnet.

Aber irgendwann, z.B. wenn alle „ich war’s nicht!“ auf die Frage antworten, wer den Orangensaft quer durch Küche und Wohnzimmer vergossen hat, kommen Momente, die Eltern oft nicht witzig finden.

Auch hier gibt es eine altersabhängige Entwicklung – oft kommen Kinder im Alter zwischen 4 und 8 Jahren in eine Phase massiven „Lügens“. Ich setze das deswegen in Anführungszeichen, weil das Wort meist schon so sehr negativ behaftet ist, was der Sache nicht gerecht wird.

Hierzu Wikipedia: „Eine Lüge ist eine Aussage, von der der Sender (Lügner) weiß oder vermutet, dass sie unwahr ist, und die mit der Absicht geäußert wird, dass der oder die Empfänger sie trotzdem glauben[1] oder auch „die (auch nonverbale) Kommunikation einer subjektiven Unwahrheit mit dem Ziel, im Gegenüber einen falschen Eindruck hervorzurufen oder aufrecht zu erhalten.““ 

Hier möchte ich ansetzen: nach Paul Watzlawick gibt es keine objektive Wahrheit, alles ist immer subjektiv, wir betrachten alles durch die Brille unserer (eigenen oder gesellschaftlichen) Erlebnisse, Erfahrungen, Gedanken und Erwartungen, unsere Handlungen sind davon beeinflusst. Unser Gegenüber wiederum nimmt alles durch die Brille eben seiner Erlebnisse, Erfahrungen, Gedanken und Erwartungen auf.

Was bedeutet das nun für die Lüge ? 

In welchen Situationen also lügen Kinder und woran liegt das?

  • Fantasie und Kreativität: sie stellen sich etwas vor, bewegen sich in einer eigenen Welt, einem Rollenspiel, bauen sich etwas auf, stellen sich vor, jemand anders zu sein oder erfinden ein Fantasiewesen oder einen unsichtbaren Freund. Bei diesem Teil fällt das Sehen als Entwicklungsstufe meist auch noch ausserhalb der „magischen Phase“ relativ leicht.
  • Wunsch: sie wünschen sich etwas sehr, entweder es zu haben oder etwas z.B. nicht getan zu haben – also tun sie in dem, was sie sagen (= mit der Lüge) so, als wäre ihr Wunsch Wirklichkeit. Nicht unbedingt bewusst. Oft fällt es uns schwer, das zu sehen; gerade auch, wenn das Kind beispielsweise lügt, weil es etwas genommen oder ein anderes Kind gehauen hat. „Ich habe das nicht gemacht“. Oft wünscht sich ein Kind so sehr, seine (Affekt-)Handlung nicht getan zu haben, dass es diesen Wunsch in Form einer Lüge verpackt.
  • als Verstärker eines Wunschs: eigentlich ein Paradebeispiel für Affirmationen und Energy flows where attention goes – was ich glaube, werde ich eher bekommen
  • aus Angst vor Strafe und Ablehnung – Du hast direkten Einfluss darauf. Sagst Du, „Du kannst mir alles erzählen“, aber Deine Handlungen vermitteln etwas anderes? Hüpfst Du dann aufgebracht wie ein HB-Männchen und schimpfst und wirst unfair und ziehst „Konsequenzen“?
  • dem Vorbild folgend: Hand auf’s Herz – sagst Du immer und in jeder Situation die Wahrheit? Auch das sogenannte „soziale Lügen“ (weiße Lügen / white lies), mit dem wir -tatsächlich oder vermeintlich oder um der Diskussion aus dem Weg zu gehen – den Opa, die alte Nachbarin oder den Chef nicht brüskieren wollen, hört und sieht unser Kind.

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Warum ist Lügen wichtig?

Lügen ist kein Fehlverhalten, sondern eine Entwicklungsstufe. Wir lernen durch Lügen Mitgefühl: dadurch, dass wir versuchen, die Lügen anderer zu durchschauen, versetzen wir uns auch in andere Menschen hinein. Wir schulen damit auch unser Gehirn zum „Lügendetektor“. In Sachen Arterhaltung ist das Lügen so oder so sinnvoll: manche Situation erfordern oder erforderten vielleicht eine Lüge zu unserem Schutz oder sogar Überleben, andere das Durchschauen-können einer Lüge aus dem gleichen Grund. Gleichzeitig fördert das Ausdenken „unwahrer“ Geschichten in jedem Falle die Kreativität (sh. oben).

Was kannst Du tun, wie kannst Du reagieren?

  • Vertrauen, vertrauen, vertrauen: vertraue, dass Dein Kind gut ist. Immer.
  • Dieses Vertrauen kannst Du Dir verdienen: Dein Kind macht sich verletzlich dadurch, dass es Dir von einer Lüge erzählt. Beschäme es nicht dafür, sondern erweise Dich als würdig, Geheimnisse erzählt zu bekommen.
  • Erinnere Dich: Dein Kind handelt so gut wie es (gerade) kann. Der Situation, dem Alter, den Umständen oder dem leeren oder gefüllten Magen entsprechend. Immer.
  • Deine Haltung überprüfen: what you see is what you will get. Die Haltung, mit der Du herangehst, ist entscheidend. Was Du erwartest, wirst Du bekommen, eine selbsterfüllende Prophezeiung sozusagen.
  • in Beziehung gehen oder am besten bleiben: sei im Gespräch, im Kontakt. Gib Deinem Kind nicht das Gefühl, dass Du es verurteilst für seine „Lüge“. Versuche, seine Beweggründe herauszufinden.
  • Verändern Deiner eigenen Perspektive: lügt Dein Kind denn tatsächlich, wenn es lügt ? Wenn Du Dich hineinversetzt in Dein Kind, was siehst und spürst Du aus seinem Blickwinkel? Der „Diebstahl“ einer Schaufel oder eines Autos zeigt erstmal nur, dass Dein Kind diesen Gegenstand haben wollte. Dringend.
  • Dein Kind informieren über „Gepflogenheiten“. Dein Kind möchte Teil Deiner Welt sein, die Welt kennen- und verstehen lernen. Das bedeutet nicht, dass Du/Ihr alle Gepflogenheiten, gesellschaftlichen Erwartungen etc. übernehmen müsst (auch z.B. White Lies), aber Dein Kind ist noch „neu“ hier und möchte verstehen, wie Menschen handeln und warum. Daraus kann es dann ohne Druck von Dir oder anderen seine eigenen Entscheidungen treffen und diese vertreten.
  • Mache Dir bewusst: das ist nicht gegen Dich gerichtet! Oft neigen wir dazu, eine Lüge irgendwie persönlich zu nehmen („sie hat mich angelogen!“) und uns verletzt oder angegriffen zu fühlen. Dein Kind will Dir damit nichts Böses. Eher im Gegenteil: es hat etwas gemacht und weiß oder vermutet, dass Dich das eventuell traurig machen wird und es möchte Dich nicht traurig machen. (By the way, wenn Du vertraust, löst es sich auch auf, dass Du Dich von einer Aktion Deines Kindes angegriffen fühlst)

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Wie ist Deine Erfahrung mit „Lügen“? Schreib mir gerne in den Kommentaren!

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28 Kommentare

  1. Veröffentlicht von Angie am 17. Juni 2016 um 15:49

    Danke für den schönen Artikel Lena! Vor allem, weil er dafür spricht, “auf dem sprichwörtlichen Teppich” zu bleiben und als Eltern nicht überzureagieren. Ich weiß, dass viele Eltern durch solche Situationen zu Panik neigen und sofort das Gefühl haben, sie müssen das “Fehlverhalten” ihrer Kinder abstellen. In diesem Sinne vielen Dank für die Aufklärung! <3

    • Veröffentlicht von Lena am 17. Juni 2016 um 16:08

      Danke Dir!
      Ja, da ist es auch oft das Aussen, oder eben das eigene Empfinden des Fehlverhaltens.

  2. Veröffentlicht von Michael am 17. Juni 2016 um 16:18

    Danke für diesen Artikel, Lena.
    Wie oft vergesse ich das im Alltag. Jetzt hoffentlich nicht mehr so oft 😉

    • Veröffentlicht von Lena am 17. Juni 2016 um 16:27

      ?

  3. Veröffentlicht von Angelina Bockelbrink am 17. Juni 2016 um 22:44

    Ich glaube ja, dass viele Erwachsene selbst ein großes Thema mit dem Lügen haben und deshalb so Stress bei ihren Kindern machen.
    Immer wieder erlebe ich es, dass die Eltern dann z.B kein Ticket im Bus oder im Schwimmbad kaufen wollen und deshalb das Kind anhalten bezüglich seines Alters zu lügen, wenn jemand fragt.
    Zu anderen Situationen soll das Kind aber unbedingt verstehen, dass es die Wahrheit sagen muss.
    Ganz abgesehen von den vielen Situationen, wo die kindliche Sichtweise vielleicht sowieso anders ist. So hatte ich einmal eine recht heftige Auseinandersetzung mit einem Vater, weil mein Sohn ihn angelogen habe. Mein Sohn hatte die Schaufel seines Kindes aus dem Sandkasten genommen und spielte damit. Der Vater war der Meinung, dass mein Sohn diese Schaufel seinem Kind weggenommen hatte, was mein Sohn verneinte, schließlich hatte die Schaufel unbenutzt rumgelegen. Dass mein Sohn die Idee von Eigentum zu diesem Zeitpunkt nicht mal kannte, war diesem Mann nicht nahe zu bringen. Für ihn war mein 2-jähriger Sohn ein Lügner…

    • Veröffentlicht von Lena am 18. Juni 2016 um 06:07

      Liebe Angelina,
      ja genau – das sind gute Beispiele für diese Situationen!
      Herzlichen Gruß
      Lena

  4. Veröffentlicht von Birgit Terletzki am 20. Juni 2016 um 13:48

    Liebe Lena,

    danke für diesen wirklich tollen Artikel. Dieser sollte allen Eltern zugänglich sein -denn oft vergessen wir das hier Geschriebene, was aber soo wahr ist.
    Vor allem das Thema Vertrauen hindert uns oft in der richtigen Wahrnehmung und Reaktion.

    Ich werde mir diesen Artikel des öfteren durchlesen:-)
    Liebe Grüße
    Birgit

    • Veröffentlicht von Lena am 24. Juni 2016 um 17:54

      Ja, das stimmt leider, Birgit.

  5. Veröffentlicht von Angelina am 30. Juni 2016 um 11:18

    Liebe Lena,

    vielen Dank für den tollen Artikel. Du hast mal wieder großartige Arbeit gemacht, einfach nur klasse! Das besondere an deinen Artikel ist die lebendige Ausdrucksform und dazu kommt der tolle Mix aus fundierten Informationen und aus eigenen Erfahrungen. Als Leser bekommt man auf jeden Fall Mehrwert geboten.

    Aber nun zum Thema: Ich sehe das auch so, als Mutter (ich habe nun 3 tolle Kinder) reagiert man bei solchen Lügensituationen über und kann die die Situation gar nicht richtig einschätzen in dem Moment. Das wichtige in solchen Momenten, ist es ruhig zu bleiben und sich Gedanken darüber machen, warum das Kind überhaupt lügt. Um zu verstehen was die Lüge bedeutet, so muss man die Gründe verstehen. Diese Botschaft konnte ich durch den Artikel verstehen und werde es bei der nächsten Situation anwenden. Danke Lena 🙂

    Ich bin großer Fan davon, dass man mit den Kindern spricht, wenn sie was in unseren Augen “falsch” machen. Denn Kommunikation mit den Kindern ist der Schlüssel zum Erfolg. Dadurch zeigen wir auch unsere Zuneigung und Interesse, auch wenn mal Themen angesprochen werden, die nicht “erfreulich” sind. In diesem Zusammenhang habe ich schon viele Bücher über “systemische Therapie” gelesen. Ein sehr spannendes Themenkomplex. Kurz gesagt geht es um die Interaktionen zwischen Mitgliedern der Familie und möglichen psychischen Störungen. Im Workshop bei systemloesungen-hisl.de konnte ich darüber viel lernen, was ich auch im Familienalltag anwenden kann.

    Eine Frage hätte ich noch: Kann man davon ausgehen, dass nach dem 8. Lebensjahr das massive Lügen aufhört? Oder kann man das so pauschal gar nicht sagen?

    Danke schon mal im Voraus!

    Liebe Grüße! Angi 🙂

    • Veröffentlicht von Lena am 30. Juni 2016 um 12:38

      Liebe Angelina,
      ich danke Dir von Herzen für dieses berührende Feedback!
      Was die über 8jährigen betrifft, so denke und glaube ich tatsächlich, dass wir dann irgendwann auf diesem gegenseitigen Vertrauen aufbauen. (Wobei ich mich nie genau auf ein Alter festlegen möchte, die Kinder und ihre Entwicklungen sind soo unterschiedlich) Sie wissen dann, dass (ob?) sie tatsächlich “mit allem” zu uns kommen können. Insofern, ja, es endet irgendwann ;)Dann kommt es zT noch auf die Familienkonstellationen an. So wird bei uns zB die grössere Schwester sehr bewundert und ein Kind möchte alles, was sie hat und nimmt dann auch mal was – dann flippt die grosse Schwester häufig aus, was natürlich nicht gerade dazu führt, dass die Kleinere fragt. Kreislauf…Da bekommen sie mit Unterstützung oft die Kurve, ohne auch schon immer öfter 😉 Leben ist ein Erfahrungsfeld.
      LG
      Lena

  6. Veröffentlicht von Petra am 24. April 2017 um 04:11

    HALLO mein kind rastet öfter aus wenn er sich ungerecht behandelt oder ausgeschlossen wird. Am meisten passiert das in der schule dort wird er auch dann vor der ganzen klasse bloß gestellt. Wir möchten ihm gerne helfen aber wie???

    • Veröffentlicht von Lena am 25. April 2017 um 04:49

      Hallo Petra, das klingt nach einer Situation, in der wohl die meisten von uns “gerne” ausrasten würden, und wir sind wohl alle einige Jahre älter als Dein Sohn. Wer stellt ihn bloß und wie wird da von Seiten der Schule/Lehrer reagiert? Manches ist sicher altersabhängig, aber helfen kannst Du ihm grundsätzlich auf zwei Wegen: -ihn unterstützen, Worte zu finden für seine Empfindungen, sodaß diese anders ausgedrückt werden können. -ihn stärken, dass Du bei ihm bist und hinter ihm stehst. Dialog mit Lehrern etc. suchen.
      LG
      Lena

  7. Veröffentlicht von Suse am 9. Juni 2017 um 20:01

    Hmm. Ich sehe nur positives Feedback. Es liegt nahe, dass das Thema nicht nur auf Zustimmung trifft und negatives Feedback nicht veröffentlicht wird. Ich versuche es trotzdem:
    Na klar lügt ein Kind, weil es ein Ziel damit erreichen will oder eine Konsequenz fürchtet. Die Erklärungen in dem Artikel sind gut. Aber die Handlungen bzw Interpretationen des Kindeswillens dagegen sind sehr fragwürdig. Ja, ein Kind wollte einen Gegenstand vielleich dringend. Und es wusste demnach, dass es nicht zu haben war mit Ehrlichkeit. Das soll es jetzt besser machen!? Und dieses “das Kind wollte mich nicht traurig machen”.. gute Güte! So ein Schwachsinn! Das Kind vertuscht mit seiner Lüge sein Fehlverhalten. Vor dessen Konsequenzen es sich fürchtet. Was völlig okay ist, es hat nämlich offenbar etwas FALSCH gemacht. Und WEISS das auch. Die Lüge ist ein Kreativer Akt, in der Entwicklung völlig normal. Aber wer seinem Kind beibringen will, was richtig und falsch ist, der kann doch nicht zu Beginn des Lügens signalisieren, dass es okay ist!! Das Verständnis für moralisches Lügen beinhaltet ja auch, den Unterschied zu kennen bzw ihn auch zu lernen. Und nicht zu vergessen ist eine Lüge immer ein Vertrauensbruch. Und das darf man einem Kind nicht vergessen beizubringen. Das IST etwas persönliches, das verletzt und sollte das auch klarstellen.
    Es ist so wahnsinnig traurig, das hier viele völlig Erziehungsblind und ohne Selbstreflexive dran gehen. Seid gefälligst ehrlich zu euch selbst! Wollt ihr von einem Erwachsenen geliebten Menschen angelogen werden, der nur seinen Vorteil daraus ziehen will? Also ich nicht. Und deswegen werde ich meinem Kind beibringen, dass es verletzend ist, angelogen zu werden und das es Vertrauensverlust bedeutet.

    • Veröffentlicht von Lena am 14. Juni 2017 um 20:41

      Hallo Suse,
      entschuldige, durch den Kongress und jetzt Krankheit hat es ein paar Tage gedauert.
      Ich veröffentliche eigentlich jeden Kommentar, solange er nicht beleidigend oder rein werblich ist.
      Die Erklärungen, mein Ansatz, geht davon aus, dass das Kind 1.) ok ist, wie es ist und 2.) dem Grunde nach kooperieren will. Und eben aus dem Kinde heraus. Hier gibt es keine “Konsequenzen”. Bei Deinem Ansatz gehst Du von Schuld und Fehlverhalten aus. Natürlich gehe ich ins Gespräch, aber eben ohne Schuldzuweisungen, Strafe und Co. – und ich ziehe keinen Rückschluß vom Verhalten des Kindes auf ein Verhalten des späteren Erwachsenen.

      • Veröffentlicht von Suse am 15. Juni 2017 um 08:45

        Hallo Lea ,
        Achso.. Das sehe ich einfach anders. Klar, wenn das Kind mit Lügen beginnt, erkläre ich die Situation und der Ärger hält sich in Grenzen. Aber auch ein in sich gutes Kind ist lernfähig. Lernt es, das eine Lüge immer funktioniert bzw es sich maximal dein Gerede anhören muss, dann wird es öfters Lügen. Du zeigst damit Ja, dass das Verhalten gesellschaftsfähig ist. Was dabei herauskommt, ist mehr desselben. Und nur, weil ich einem Kind sage, dass es nicht richtig gehandelt hat und beibringen, das Lügen schlecht sind, sage ich einem Kind nicht, dass es schlecht ist. Wie soll ein Kind gesellschaftliche Lügen (white lies) denn von egoistischen Lügen unterscheiden Lernen, wenn du es dem Kind nicht beibringst? Und warum ziehst du kein Rückschluss auf den Erwachsenen? Wann soll ein Kind denn Emphatie Lernen? Du gehst davon aus, dass das gelernte im Kindesalter den Erwachsenen nicht prägen. Wieso?
        Ich denke, eine liebevolle Erziehung sollte trotzdem eine sein, in der das Kind Konsequenzen lernt. Nach kurzem Ärger über diese entdeckte Lüge kann man ein Kind auch zu sich nehmen und erklären, dass es wichtig ist die Wahrheit zu sagen und das man Gefahr läuft, nicht ernstgenommen zu werden, wenn das öfters vorkommt. Denn ganz egal, wie individuell du auf dein Kind eingehen wirst, spätestens in der Schule wird Lügen von den Lehrern mit Konsequenz gescholten. Und um nicht ein kleines Nervenwrack zuhause sitzen zu haben, sollte dein Kind Wissen, das Lügen hält Konsequenzen hat. Lehrer sind Pädagogen, keine Erzieher. Das ist die Aufgabe der Eltern!

        • Veröffentlicht von Lena am 23. Juni 2017 um 18:36

          Liebe Suse,
          oh doch, ich gehe davon aus, daß das Erlernte den Erwachsenen prägt – nur anders, als wir es oft vermuten. Ja, wenn eine Lüge immer “funktioniert”, wird das Kind sie öfter anwenden, vor allem, wenn es merkt, das das Einzige ist, was möglich ist. Grundsätzlich wollen unsere Kinder kooperieren. Sie wollen in Verbindung sein mit uns, mit anderen Menschen. Kurz gesagt, sie kommen nicht auf die Welt und wollen beschwindeln und betrügen. Sie tun das, wenn sie keinen anderen Ausweg mehr haben – und den aufzuzeigen, liegt an uns. Vertrauen zum Kind zu haben und dem Kind das Vertrauen ebenfalls zu ermöglichen.
          Die Unterscheidungen wird es lernen, indem wir und andere Erwachsene es ihm vorleben. Reden können wir viel, das wird nicht der ausschlaggebende Punkt sein.

          • Veröffentlicht von Suse am 23. Juni 2017 um 19:36

            Hmm.. klar, “Sie tun Das, wenn sie keinen anderen Ausweg mehr haben.” Exakt! Dies impliziert jedoch, dass das gewünschte auf jeden Fall “zu haben ist”. Ob es nun um das scheuen vor Ärger ist oder das zweite Eis am Tag, was es nicht geben soll. Natürlich gibt es für den Erwachsenen nun eine Lösung dieser Lüge zu begegnen.. die Frage ist Ja, welchen der Wege man geht! Du schreibst, du gehst diesen Weg ohne Strafe, Schuldzuweisung und Co. Also lässt du die Lüge Wahrheit werden. Für das Kind bleibt es bei 2 Eis am Tag. Denn es folgt keine Strafe und keine Schuldzuweisung. Ich weiß nicht, was du für Kinder kennst, aber jedes pfiffige Kind, das ich kenne, würde dich irgendwann nicht mehr für voll nehmen. Denn Alles, was es dir sagt, glaubst du. Denn der Lüge bezichtigen tust du es ja auch nicht. Ich freue mich für dich, wenn deine Methode für dein Bauchgefühl stimmt. Du ziehst dich aus der gesellschaftlichen Verantwortung, ich finde das nicht gut. Ich habe es schon erlebt, das so erzogene Kinder mit dem realen Leben (andere Kinder und Lehrer werden nicht so sanft dem lügenden Kind gegenüber sein) nicht zurecht kommen und völlig überfordert sind mit der Zurückweisung. Denn “Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht…” . Du deinem Kind vielleicht, meinem Kind würde ich Abstand von einem ständig lügenden Kind raten. Danke aber für die Erklärung, man lernt ja nie aus.



          • Veröffentlicht von Lena am 23. Juni 2017 um 19:51

            Oh, ich schätze, wir haben “einfach” ein unterschiedliches Bild vom Kind und unseren Mitmenschen.Und ja, Strafe und Schuldzuweisung sind nicht mein Weg, das spiegelt sich ja in allem was ich tue und veröffentliche.
            Ich gehe Deine Schlüsse nicht mit – und woraus entnimmst Du, das ein Kind, dem man vertraut, “ständig lügt”? Die Angst vor Strafe und Co. führt zur Lüge. Das “reale Leben” gestalten wir auf Dauer alle selbst. Und ja, ich begegne in meiner Arbeit und meinem Leben dann wohl anderen Kindern als Du – vielleicht reagieren sie aber auch nur auf Vertrauen? Und vielleicht weißt Du eben nur nix vom zweiten Eis ? Ich habe nie gesagt oder geschrieben, daß ich alles glaube, was jemand sagt 😉 Woraus entnimmst Du, daß ich mich der “gesellschaftlichen Verantwortung” entziehe?



          • Veröffentlicht von Suse am 23. Juni 2017 um 20:14

            Nun, du überlässt anderen die unangenehmen Gespräche mit dem Kind. Und die negativen Reaktionen, die es bekommen wird. Im übrigen empfinde ich es nicht als Verlust oder gemein oder sonst etwas in der Richtung, wenn ich einem Kind sage, dass es falsch gehandelt hat. Das kann man durchaus vernünftig machen. Und genau diese Gespräche drückst du anderen aufs Auge. Du scheinst einfach einen bequemen Weg nehmen zu wollen und anderen deine Aufgaben machen zu lassen. Ein halbes Dutzend Eltern steht am Platz, die Kinder haben Blödsinn gemacht und es gibt immer so jemanden, der dann sagt “Nein Nein.. MEIN KIND ist durch und durch gut. Was ihr da sagt kann so nicht sein”. Genau so lesen sich deine Ansichten. Das tut mir für die Kinder einfach leid. Ich habe sowas durchaus schon oft gesehen und viele Kinder, die dann glauben, das sie nie was falsch machen, werden geschnitten. Oder von Lehrern und Ausbildern oder den Mamas der Freunde miterzogen. Du tust nur dir damit einen Gefallen.. Und propagierst das sogar noch. Und dann lesen Menschen deinen Artikel, die sich bemühen Kindern was beizubringen und ihnen beizubringen, was man im gegenseitigen Umgang miteinander tun oder lassen sollte, und bekommen unter die Nase gerieben, sie sehen ihre Kinder schlecht. Das ist ziemlich.. krass. Ums nett zu sagen.



          • Veröffentlicht von Lena am 23. Juni 2017 um 20:20

            Oh nein, ich führe durchaus “unangenehme Gespräche” mit meinen Kindern. Und auch mit anderen Kindern. Nicht angemessen mag ein Verhalten sein, nicht aber das Kind selbst. Und darum geht es. Zu schauen, WARUM die Kinder “Blödsinn” gemacht haben – denn für das Kind ist es eben kein “Blödsinn”. Das Kind (wie Erwachsene auch) hat immer einen guten Grund für das, was es tut. Immer. Und dem Kind aufzuzeigen, wie andere das Verhalten sehen könnten und wie Alternativen aussehen können. Aber es ihm eben nicht “beibringen”, sondern es auf dem Weg begleiten. Ohne Strafen. Nicht nur mein Kind ist gut – alle Kinder sind es.



  8. Veröffentlicht von Suse am 23. Juni 2017 um 20:18

    Okay.. Ich sehe gerade, dass du gar nicht erziehen willst. *lach* Gut, war jetzt mein Fehler. Dann hätte ich mir das ganze auch sparen können. :’D

    • Veröffentlicht von Lena am 23. Juni 2017 um 20:20

      Ich sage ja, wir verfolgen ein unterschiedliches Menschenbild 😉

  9. Veröffentlicht von Nadia am 11. Februar 2018 um 23:31

    Wow Lena
    – so viel Geduld (nicht nur mit Kindern – sondern auch mit Erwachsenen die etwas gelesen haben wollen – aber ihre eigene Meinung so gefestigt ist, dass die andere nicht verstanden wird…)
    Mach weiter so – mit Kindern die Kinder sein dürfen wird die Welt ein besserer Ort!
    Herzlich, Nadia

    • Veröffentlicht von Lena am 12. Februar 2018 um 00:28

      Danke Dir ! Hihi ja – Kinder sind da meist noch beweglicher.
      Ganz lieben Gruß

  10. Veröffentlicht von Sarah am 12. Februar 2018 um 17:51

    Hallo Suse,
    Ich bin natürlich auch der Meinung, dass man seinem Kind beibringen sollte, wie sehr Lügen das Vertrauen schädigen kann. Ich finde auch, dass viele Mütter oder allgemein Eltern zu locker im Umgang mit diesem Thema sind und sich sowohl Eltern, als auch Kinder mehr darüber nachdenken sollten, was Lügen im Alltag bedeuten. Allerdings kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass “unnötige” Strenge das Band zwischen Mutter und Kind furchtbar schädigen kann. In meiner “Flegelphase” (falls man das bei Jugendlichen auch so bezeichnen kann) habe ich mir auch hier und da eine Lüge zu Schuld kommen lassen, um meine Mutter weniger wütend zu machen (so dachte ich damals). Das Fazit könnt ihr euch denken – Muttis finden alles raus! 😉
    Jedenfalls habe ich die Folgen für eine harmlose Lüge die einen Streit vermeiden sollte immer als sehr “extrem” empfunden – da ich die Lüge weniger als “schrecklichen Vertrauensbruch” sondern als kleine Notlüge (die ja wohl jeder schon benutzt hat) empfunden – diese Meinungsverschiedenheit hat oft zu Diskussionen geführt, welche ihr Ende in übertriebenen Streits gefunden haben… Auf Dauer – soviel kann ich euch versichern, ist das wirklich schwierig für beide!

    Vielleicht könnt Ihr ja noch etwas Interessantes zu diesen Situationen beitragen. Ich verstehe beide Seiten, wüsste aber keine Lösung für einen solchen Zwispalt.

    Dankeschön und liebe Grüße
    Sarah

    • Veröffentlicht von Lena am 12. Februar 2018 um 18:16

      Ich denke auch, grundsätzlich sind “Lügen” und “Vertrauen” so ein bißchen zwei Seiten der Waage, auf Dauer betrachtet und für ältere Kinder. Also Lügen schädigen das Vertrauen, ja, auf der anderen Seite: je mehr man das Gefühl hat, wirklich alles sagen zu können, umso weniger erscheinen Lügen “notwendig”.
      Lieben Gruß

  11. Veröffentlicht von Beth am 25. November 2022 um 00:15

    Hallo Lena,
    Danke für den Wechsel der Perspektive (Kindperspektive),ich hab schon an unseren Bemühungen unseren ältesten 6Jahre alt, groß zu ziehen gezweifelt und gedacht dass wir irgendwas falsch machen und nur unser Kind so wäre ,aber es ist beruhigend zu wissen dass es mehreren Familien so geht.

    LG Beth

    • Veröffentlicht von Lena am 3. Dezember 2022 um 14:59

      sehr gerne !

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