Alles für’s Kind – Mama fix und fertig?
Aufopfernde Mütter, die alles für’s Baby oder Kind tun und am Ende selbst völlig fertig sind, das ist das Bild, das gerade durch die Medienlandschaft zieht.
Schuldige dafür sind natürlich schnell gefunden: Attachment Parenting, Bedürfnisorientierung, vielleicht sogar noch unerzogen, fingerzeig, diese neumodischen „Methoden“ lassen Kinder zu Tyrannen werden, ist ja klar, kennt man ja, ha ! Und zum Schluß natürlich noch die Mutter, die eh schon am Ende ist, sie ist an dem ganzen Dilemma schuld, schließlich hat sie nicht gut genug für sich gesorgt und es somit erst soweit kommen lassen. Also nochmal drauf auf sie, und falls es sonst keiner macht (was unwahrscheinlich ist), zieht sie sich den Schuh in den meisten Fällen eben selbst an.
Puh. Verdrehte Welt.
Mal ganz basal: ein Baby, ein Kind, das sich gesehen fühlt mit seinen Bedürfnissen, mit seinen Empfindungen, die es noch nicht einordnen kann, das fühlt sich wohl und geborgen. Nicht statisch: es fühlt sich sicher. Bindungsforscherin Dr. Karin Grossmann bezeichnet das als „annehmendes Ich“. Egal, was Du fühlst, ich bin da. Feinfühlige Erwachsene sind dazu wichtig. Da ist es einleuchtend, dass es einfacher ist, die Signale des Kindes zu bemerken und schnell darauf einzugehen, wenn das Baby nah ist, z.B. in einer Trage oder im Familienbett – und das kleine Kind kann von der sicheren Basis aus, zu der es jederzeit zurückkehren kann, die Welt erforschen. In seinem Tempo. Neue, auch unangenehme Gefühle, eine für sich nicht lösbare Situation für ein Kind – da muß ein Erwachsener da sein, der das sieht. Das lernen die Eltern, Eltern und Kinder lernen sich immer besser kennen. Das Kind erfährt Vertrauen, erlebt die Welt als sicheren Ort. Hier bin ich nicht alleine, ich werde gesehen, meine Bedürfnisse werden erfüllt, ich werde nicht überfordert – oder wenn ich überfordert bin, dann ist jemand da, der mir hilft. Dann lerne ich auch, um Hilfe zu bitten und nach Hilfe zu fragen – denn ich weiß, das ist nichts Schlimmes, das ist etwas Gutes.
Und DAS ist dann auch die Erwartung, die Kinder, die Menschen an die Welt haben. Ist sie im Grunde gut – oder ist sie feindselig? Will man mir schaden? Das sind alles Dinge, die aus Erfahrung kommen.
Bedürfnisorientierung ist keine Einbahnstraße
Schon Babys spüren, wenn sie überfordert sind – sie weinen. Oft spüren sie auch, wenn wir Eltern überfordert sind, wenn es UNS zuviel ist und wir reagieren nicht darauf. Dann veranlaßt uns vielleicht auch das weinende Baby oder das aggressive Kleinkind, nach Hause zu gehen und uns allen Ruhe zu gönnen. Nicht umsonst ist der Rat an junge Eltern oft „schlaf, wenn das Baby schläft“.
Rauszukommen aus diesem Immer schneller, immer weiter, das viele aus dem Job in der Elternschaft fortsetzen. Sich öffnen lernen. Sich zeigen lernen.
Denn oft merken Mütter, Eltern ja diese Diskrepanz. In unserer eigenen Kindheit haben viele von uns eben nicht erfahren, dass sie gesehen werden, dass sie angenommen werden, dass sie alles sagen können, um Hilfe fragen und dann auch Unterstützung erfahren. Da ist ein Mangel, der sich immer weiter durchzieht. Ihre Stimme im Kopf sagt ihnen eher „stell dich nicht so an“, „das ist doch kein Grund zum Weinen“, „ist doch nicht so schlimm“, „jetzt sei doch endlich mal leise und benimm dich“, das sind die Worte, die sie gehört haben – und nach wie vor auf sich anwenden. Verbunden mit den Vorstellungen, die dahinter stehen, wie „das Kind muß doch mal lernen, stillzusitzen“.
Ist Bedürfnisorientierung immer gleich?
Dabei ist „Bedürfnisorientierung“ ja auch wiederum unterschiedlich. Die 7 B’s des Attachment Parenting wie Stillen, Tragen, Co-Sleeping gehen von den „üblichen“ evolutionären hilfreichen Bedürfnissen eines Babys aus. Manche Babys bzw. Kinder WOLLEN das jedoch gar nicht so. Nicht alle brauchen sehr viel Körperkontakt. Auch da ist es einfach sinnvoll, sein Kind näher kennenzulernen, es zu SEHEN, dann wird auch deutlich, was es braucht. Und auch hier sind unsere Kinder unheimlich kompetent und schlau und passen sich oft auch dem an, was wir zu geben in der Lage sind – wenn wir denn dieser Bedürfnisse auch bewußt sind und uns eben auch zeigen mit unseren Bedürfnissen.
Es ist auch eigentlich egal, wie wir es nennen. Begriffe wie Attachment Parenting können hilfreich sein, um Gleichgesinnte zu finden. Es geht dabei jedoch nicht um eine „Methode“, sondern das, was dahintersteht. Da die alten Muster fortsetzen, eine „Leistung“ zu erbringen, dann läuft was falsch.
„Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen.“ (Augustinus)
Wie bedürfnisorientiert sich die Eltern verhalten – dem Kind und sich selbst gegenüber – das sieht das Kind, das nimmt es wahr. Das ist keine Einbahnstraße – wenn ich das Kind frage, wie es ihm geht, ihm auch sage, wenn ich Kopfschmerzen habe oder mich hinlegen möchte, etwas Ruhe brauche, dann ist die Möglichkeit da, dass das Kind überhaupt auch Aufmerksamkeit auf solche Dinge legen kann, vereinfacht gesagt.
Und wenn wir es nicht können – was ja generationsbedingt und auch durch erlerntes Verhalten und transgenerationale Weitergaben – dann ist daran nicht das Kind schuld! Das ist doch eine völlig verdrehte Sicht.
Dann können wir das aber oft von unseren Kindern wieder lernen, wenn wir uns einlassen auf diese Transformation.
Die Umstellung kann dabei dauern. Durch Erziehung und die dadurch entstehenden Bildern, wie wir sein sollen, spielen wir oft eine Rolle, der wir gar nicht entsprechen können – und es ist sehr befreiend und letztlich auch ein Akt der Selbstliebe, das zu lassen. Was wir da mit Kindern machen, ist bei Erwachsenen einer der Wege, wie Selbstliebe erreicht werden kann.
Uns Unterstützung holen, uns verletztlich und offen zeigen – Brene Brown hat das in ihrem wunderbaren Ted Talk „Die Macht der Verletzlichkeit“ so deutlich gezeigt.
Das tun, was uns gut tut.
Wegkommen von „was denken die Nachbarn sonst bloß – ich muß hier weiter machen, auch wenn ich nicht mehr kann“, aus dem Außen zurück zu uns selbst.
Sanft mit DIR sein.
Dies ist ein Beitrag zur Blogparade von Susanne Mierau von Geborgen Wachsen zum Thema „Attachment Parenting und Selbstfürsorge“.
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Danke fürs (wieder 😉 ) darauf hinweisen, Lena! Total wichtig, gerade in den aktuellen Diskussionen …
Ich hatte auch eine Weile gebraucht, bis ich das begriffen habe.
So ähnlich habe ich es auch schon aufgeschrieben, weil es mir in unseren Veranstaltungen sehr oft auffällt: Gerade Müttern aus dem Attachment-Parenting-Bereich (um einen Namen zu verwenden) fällt es manchmal sehr schwer, auch sich selbst zu sehen. Dabei sind das großartige Eltern, die wirklich viel für ihre Kinder tun! Nur darüber hinaus sich selbst vergessen … http://www.bewusste-elternschaft.eu/beduerfnisorientierung-stillen-und-tragen-reicht-nicht/
Und ja, unbedingt: Sanft mit uns sein! <3
Herzliche Grüße Grüße!
Lucia